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Was ist Freimaurerei?

Symbol und Ritual

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

herzlich willkommen auf Freimaurerloge.de! Eine Freimaurerloge ist im Besonderen ein Ort der Kontemplation, der Einkehr, der Suche und der Symbolik.

Symbol und Ritual sind für uns die zentralen Werkzeuge auf dem Weg der Selbsterkenntnis, der Menschlichkeit und, ja, der Spiritualität.

alte schottische Freimaurerstatuten

Freimaurerei ist kein Geheimbund, vielmehr ein Bund mit Geheimnissen – und diese Geheimnisse sind keine verborgenen Fakten, sondern tiefere Einsichten, die jeder Mensch selbst entdecken muss. Unsere Rituale und Symbole helfen dabei. Sie sind keine leeren Formen, sondern lebendige Spiegel unseres Denkens und Fühlens.

Entstanden sind unsere Rituale in ihrer heutigen Form vornehmlich in der Zeit der Aufklärung, deren Tradition wir pflegen.

1. Was ist ein Symbol?

Ein Symbol ist mehr als ein Zeichen. Es verweist auf etwas, das mit Worten nur unvollständig beschrieben werden kann. Ein Symbol spricht zu unserem Verstand – aber auch zu unserer Seele. Die Freimaurerei verwendet eine Vielzahl solcher Symbole: das Winkelmaß, den Zirkel, das Senkblei, den rauen und behauenen Stein und viele mehr. Sie stammen aus dem mittelalterlichen Steinmetzhandwerk, das uns als äußere Hülle dient – doch ihr innerer Gehalt ist zeitlos.

Wenn wir den rauen Stein behauen, meinen wir nicht Fels, sondern uns selbst. Unser Charakter, uns selbst in unserer Welt, ist das, was wir zu formen versuchen. Nicht wirklich mit Hammer und Meißel, sondern mit Achtsamkeit, Aufrichtigkeit und Mitmenschlichkeit.

Die Interpretation der Symbole obliegt jeder Freimaurerin / jedem Freimaurer selbst. So vermeiden wir dogmatische Lehren. Die Symbole begegnen uns in unseren Ritualen.

2. Warum Rituale?

Ein Ritual ist eine Handlung mit Bedeutung. Es hebt den Moment aus dem Alltag heraus und verleiht ihm Tiefe und Richtung. In einer Welt, die oft laut, schnell und oberflächlich erscheinen mag, bietet das Ritual einen Raum der Sammlung. Es ist eine Reise nach innen.

Unsere Rituale erzählen – oft in symbolischer Sprache – vom Weg des Menschen: von der Dunkelheit ins Licht, vom Ungeformten zum Geformten, vom Einzelnen zur Gemeinschaft, letztendlich auch von der Vergänglichkeit, vielleicht, weil der Tod alle gleich macht. Ich glaube, nur wirklich altruistische Taten bestehen fort, also das, was wir für andere und nicht für uns selbst in der Welt bewirken.

Rituale sprechen zu uns auf vielen Ebenen: emotional, intellektuell und spirituell.

Wer zum ersten Mal ein freimaurerisches Ritual erlebt, spürt oft eine seltsame Mischung aus Fremdheit und Vertrautheit. Denn obwohl alles anders ist als draußen – wirkt es doch tief im Inneren wie der Nachklang von etwas Ursprünglichem.

3. Die Wirkung

Auch wenn sie initiieren, verändern Symbole und Rituale Menschen nicht über Nacht. Sie setzen Impulse. Sie schaffen eine Atmosphäre, in der Selbstreflexion möglich wird, in der Begegnung auf Augenhöhe stattfindet, und in der Werte wie Toleranz, Humanität und Wahrheit nicht nur gepredigt, sondern erlebbar werden.

In unserer Arbeit als Freimaurerinnen und Freimaurer streben wir nicht nach Perfektion – sondern nach Verbesserung. Nicht nach Dogma – sondern nach Verständnis. Nicht nach Abgrenzung – sondern nach Verbindung. Es mag wie ein Paradox erscheinen: Doch gerade dafür dient uns die Abgeschlossenheit und die Privatsphäre unserer Logen.

4. Noch ein Gedanke

Goethe, selbst Freimaurer, schreibt in seinem “Faust”:
„Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen.“1
Ich würde hier heute noch die Mütter ergänzen.

Doch recht hat er: Unsere Symbole und Rituale sind ein Erbe. Lebendig werden sie erst, wenn sie durch uns wirken, wenn wir sie immer neu mit Sinn füllen – im Denken, im Fühlen und im Handeln. Auch ganz im Alltag.

5. Ein Beispiel

Ich weiß, viele von uns tragen hier und da freimaurerische Symbole an sich, beispielsweise am Ringfinger. So erinnern sie uns an unsere Gelöbnisse zur Menschlichkeit, so geben sie Ideen und Orientierung, sind präsent – tagein, tagaus. Von einigen weiß ich obendrein, dass sie bspw. bestimmte Symbole auf ihrem Schreibtisch platzieren. Auch ich habe dort einige stehen.

Die vielleicht bekanntesten Freimaurersymbole sehen Sie hier:

Bronze Rauer Stein von Jens Rusch

Ein Stein, der behauen wird. Das Winkelmaß. Der Zirkel. Es ist eine Bronze von meinem lieben Freund und Freimaurerbruder Jens Rusch.

Der Zirkel, vielleicht ein Symbol der Menschenliebe, die sich von einem Mittelpunkt ausgehend gleichmäßig in alle Richtungen ausbreitet. Vielleicht auch ein Symbol des Geistigen und Immateriellen, ja, vielleicht der Ewigkeit – denn die Kreiszahl Pi hat keine letzte Ziffer, hat kein Ende hier in der Welt.

Der rechte Winkel dagegen mit seinen bestimmten 90°, vielleicht ein Symbol der Körperlichkeit, aber sicher auch der Gerechtigkeit, der Anwendung des Rechts.

Und dann ein teils bereits behauener Stein. Was für ein Symbol! Erich Fromm würde vermutlich sagen, dass es sich dabei um ein universales Symbol handele.2 Ein Symbol, mit dem alle Menschen etwas anfangen können, ein Symbol des Auf-dem-Weg-Seins, der Veränderung, des Wirkens und des Wachstums.

Die alten Freimaurer im 17. und 18. Jahrhundert erblickten darin besonders die Bausteine des Salomonischen Tempels, des Tempels zur Ehre des Großen Baumeisters aller Welten, den der weiseste König, Salomo, errichten ließ. Funfact am Rande: Der Salomonische Tempel (sofern es ihn denn gab) wurde (wenn dann) mit unbehauenen Steinen errichtet.3 Doch die alten Freimaurer betrachteten sich selbst ganz explizit als solche Steine, die es zu bearbeiten und in den Tempelbau einzusetzen gilt, in einem spannenden, christlichen, leicht deistischen Blick, verbunden mit jüdischer Mythologie. Heute, zumindest hierzulande, ist es dagegen oft viel säkularer: Die Logen arbeiten symbolisch am großen Tempel der Humanität. Und jeder Baustein fügt sich ein zur Zierde und zur weiteren Vervollkommnung des großen Baus. – – –

Was die Symbole der Bronze wohl in ihrer Kombination bedeuten mögen? Zirkel, Winkelmaß, ein Stein, an dem gearbeitet wird. – Interpretationen geben wir nicht vor. Doch natürlich erscheinen uns die Symbole im Rahmen unserer Rituale und selbstverständlich gibt es so Akzentuierungen, oftmals hin zu Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit.

Die Rituale und Zeremonien halten wir geheim, um Vertrauen untereinander zu betonen, und auch um potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten nichts vom späteren, direkten Erlebnis zu nehmen. Denn Erwartungshaltungen schmälern. Daher empfehle ich Ihnen, Blicke in freimaurerische Rituale, die natürlich in jeder guten Bibliothek zu finden sind, tunlichst zu vermeiden, sollten sie tatsächlich mit dem Gedanken der Aufnahme spielen.

Unsere Rituale und Zeremonien enthalten nichts, was der menschlichen Würde auch nur im Geringsten widersprechen würde. Das versichere ich Ihnen!

6. Grade und Hochgrade

Die Idee des Auf-dem-Weg-Seins und des Wachstums wird außerdem durch unsere Grade ausgedrückt. Sie verbinden das Staunen und Lernen, das Arbeiten und Prüfen, das Verstehen und Veredeln.

Die Grade stellen hierbei selbst Symbole dar. Sie sind Wegweiser und sollten keineswegs als eigentliche Hierarchien gedacht werden.

Die ersten drei Grade – Lehrling, Geselle und Meister – zeichnen den Lebensweg nach und bilden einen Abschluss für sich. Fast überall auf der Welt beginnt und endet der Weg eines Freimaurers / einer Freimaurerin mit eben diesen drei Graden, den so genannten Johannisgraden – benannt nach Johannes dem Täufer, dem Schutzpatron der alten Bauhütten. Ab und an gibt es noch einen Zwischengrad, den Mark Master Mason, als dritten Grad zwischen Geselle und Meister. In diesem Grad bekommt jede Freimaurerin / jeder Freimaurer sein eigenes Steinmetzzeichen, wie in den alten Bauhütten, um sein oder ihr Werk zu kennzeichnen: Für mich ist dies heute ein Symbol für Eigenständigkeit, für Individualität und eine Aufforderung zur Kreativität.

Häufig hören wir auch Fragen zu den so genannten höheren oder weiterführenden Graden, die in der Popkultur gerne mystifiziert werden. Denn wer will, kann den freimaurerischen Weg nach dem Meistergrad noch weiter gehen, obwohl wir alle immer Lehrlinge bleiben. Als ich in den 33. und letzten Grad des so genannten Schottischen Ritus berufen wurde – das ist eine dieser weiterführenden Spielarten der Freimaurerei –, da wählte ich als Thema für den Festvortrag ganz bewusst ein Lehrlingssymbol, das Senkblei, ein Symbol der Selbsterkenntnis und Einheit, um zu zeigen, dass im Grunde alles bereits im ersten Grad enthalten ist. Es gibt kein Vorrecht, es gibt kein Höher und kein Weiter. Es sind immer nur Perspektiven. Und wir selbst stehen in diesem großen und wunderbaren Psychodrama stets im Mittelpunkt. – – –

Für derartige weitere Grade gibt es jedenfalls ebenso Logen, die auf den drei Graden der Johannis-Freimaurerei aufbauen. Sie beinhalten zusätzliche Symbole, die über die Werkmaurerei hinausgehen, und setzen vielleicht hier und da andere Akzente.

Da mag bspw. eine Pelikanmutter erscheinen, die ihre Küken mit ihrem eigenen Blut ernährt, ein tiefes Symbol für Opferbereitschaft und Liebe. Da mag es Legenden geben, um Jacques de Molay, den letzten Großmeister der Templer, der unschuldig zum Tode verurteilt wurde, verbunden mit dem Ausruf: “Nieder mit der Tyrannei!“ Kreativ waren sie schon, die Altvorderen. Doch ich will hier nichts verraten. Und wir stehen gerade ohnehin noch vor dem ersten Schritt, als Suchende, vielleicht auf dem Weg zum Freimaurerlehrling.

7. Anwendung

Allen Spielarten der Freimaurerei gemeinsam ist die Arbeit an sich selbst und der Dienst an der Menschheit – mit vielen bunten, unterschiedlichen Akzentuierungen.

Wichtig zu verstehen ist: Nicht die Anzahl der Grade macht die Freimaurerin und den Freimaurer aus, sondern ihre und seine Bereitschaft zur inneren Arbeit, verbunden mit der Aufforderung, auch in der Gesellschaft Gutes zu bewirken. Denn wir alle übernehmen Verantwortung für das Licht, das wir in uns tragen und in die Welt bringen wollen. Die Freimaurerei kann uns dabei helfen, dieses Licht bewusst zu suchen und es unter Brüdern und Schwestern zu kultivieren.

Liebe Gäste, vielleicht konnten Sie hierdurch einen ersten Eindruck davon gewinnen, dass es in der Freimaurerei nicht um Äußerlichkeiten geht, auch nicht nur um Vorträge und Diskussionen – sondern eigentlich um Innerlichkeit. Unsere Symbole und Rituale sind Einladung und Herausforderung zugleich: sich selbst besser kennenzulernen – und ein guter, bewusster und aufrichtiger Mensch unter Menschen zu werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Br. Robert Matthees
Hamburg (Vortrag bei einem Gästeabend), 06.06.2025

Fußnoten:
1) Goethe, J. W.: Faust. Der Tragödie erster Teil. Nacht, Faust mit sich allein.
2) Vgl. Fromm, E.: Märchen, Mythen, Träume, 1980. Das Wesen der symbolischen Sprache.
3) Vgl. Zwickel, W.: Der salomonische Tempel, 1999, S. 64 f..


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